Jeden Tag tun, was man am besten kann – nur ein Traum?

Gallup, eines der global führenden Meinungsforschungsinstitute, erhebt jedes Jahr den Grad der emotionalen Mitarbeiterbindung. Eine entscheidende Aussage, die es dabei zu bewerten gilt, lautet: “Ich habe bei der Arbeit jeden Tag die Gelegenheit, das zu tun, was ich am besten kann.” Wie viele Mitarbeitende können an diesen Satz wirklich einen Haken machen?

Und wie viele hören Sie eher sagen: “Was mache ich hier eigentlich den ganzen Tag?”

Dem Ersten fehlt der Sinn. Der Zweite fragt sich, ob Prozess xy wirklich noch per Hand ablaufen muss und der Dritte kommt bei den ganzen Veränderungen der Strukturen gar nicht mehr hinterher. Idealerweise fördert Ihre Unternehmenskultur an der Stelle, dass Mitarbeitende ihre Sorgen und ihren Unmut teilen, weil psychologische Sicherheit bei Ihnen mehr ist als nur eine Floskel. In jedem Fall sollten Führungskräfte und die Personalabteilung so empathisch und so nah dran sein an den Menschen, dass sie potentielle Unzufriedenheiten der Mitarbeitenden rechtzeitig erkennen.

Es gibt unterschiedliche Wege, die betroffene Mitarbeitende verfolgen, wenn sie ihre Stärken und Talente zu selten einsetzen können:

1. Ich bin weg

  • „Ich überlege doch schon so lange, ob ich mal etwas Anderes machen soll, jetzt ist es soweit.“
  • „Ich finde auch irgendwo etwas Anderes, was mir wirklich, wirklich Spaß macht.“

Diese Mitarbeitende verlieren Sie wahrscheinlich an den Arbeitsmarkt, vielleicht sogar an den Wettbewerb. Die Great Resignation hat sie aufgesaugt. Wichtig sind an dieser Stelle ehrlich geführte Exit Gespräche zum Verbessern von Führung und Organisation. Zudem sollte ein verzahnter Austausch zwischen Fachbereich und Personalabteilung stattfinden, um auszuloten, welche tragfähigen Maßnahmen etabliert werden können, um Leistungsträger zu halten.

2. Ich bin zwar da, aber gedanklich weg

  • „Das wird sich hier wahrscheinlich sowieso nicht ändern, ich gehe keine Extrameile mehr.“
  • „Dienst nach Vorschrift wird ab jetzt wohl reichen, dankt mir ja sowieso sonst keiner.“

Diese Mitarbeitende sehen das gleißende Licht des Quiet Quitting und tun noch genau das, was sie müssen. Dieses Verhalten ist weder gut für die Mitarbeitenden selbst, noch für das Teamgefüge und die Leistungsfähigkeit der Organisation. Bei der Wahrnehmung solcher Verhaltensweisen gilt es, dringend in einen vertrauensvollen Austausch zu gehen, um zu verstehen, welche nächsten Schritte die Motivation und Leistungsfähigkeit wieder steigern können.

3. Ich bin da, und will auch bleiben

  • „Ich mag die Firma, ich mag die Kollegen, irgendwas muss man doch verändern können.“
  • „Als ich den Job angefangen habe, war ich doch happy. Da möchte ich wieder hin.“

Jackpot. Diese Mitarbeitenden sind emotional mit der Organisation verbunden und möchten weiterhin einen Beitrag leisten. Dazu muss sich allerdings jetzt etwas verändern. Idealerweise suchen sie daher das Gespräch mit ihrer Führungskraft. Bewährte Klassiker in einem solchen Gespräch sind dann häufig Personalentwicklungsmaßnahmen, wie

  • Mitwirken an einem Projekt oder dessen Leitung
  • Job Enlargement oder Job Enrichment
  • Job Rotation
  • Training oder Coaching

Desweiteren können Sie gemeinsam Arbeitsbelastung reduzieren, Aufgaben im Team umverteilen, neue Strukturen schaffen, Meetings effizienter gestalten und Schnittstellen reduzieren.

All diese Maßnahmen sind wertvoll zum Lernen, um neue Erfahrungen zu machen und so ein Stück Zufriedenheit zurück zu erlangen. Und doch kann es sein, dass die Mitarbeitenden noch etwas Anders brauchen. Dann nämlich, wenn ihre Wertevorstellungen sich in ihrem Job nicht (mehr) wiederfinden; dann ist Job Crafting eine gute Idee. Also den Job von Grund auf neu zu gestalten, so dass die Mitarbeitenden wieder den Eindruck haben, einen wichtigen Beitrag zum Gesamterfolg zu leisten. 

Wir alle tun gerne das, was wir gut können. Es ist essentiell für Führungskräfte wahrzunehmen, wenn die Mitarbeitenden zu häufig Dinge tun, die sich nicht so gerne mögen. Es gilt, nah an den Menschen zu sein, gut zuzuhören und mit den Mitarbeitenden gemeinsam zu überlegen, welche nächsten Schritte für beide Seiten sinnvoll und zukunftsweisend sind.